Kim Thúy: „Der Klang der Fremde“

Aus dem Jahr 2010 datiert die deutsche Erstausgabe eines Bestsellers auf dem kanadischen und französischen Buchmarkt. Von Andrea Alvermann und Brigitte Große wurde Kim Thúys Der Klang der Fremde ins Deutsche übertragen.

Thúy wurde 1968 in Saigon geboren und musste mit 10 Jahren aus dem Land fliehen. In Kanada fand sie eine neue Heimat.

Der Roman folgt nicht einem konventionellen Handlungsstrang, sondern ist eine freie Assoziation, die Erinnerungen durch sprachliche Dichte verbindet.

Die Sprache ist direkt und schnörkellos, die unterschiedlichen Szenen in Vietnam, in Kanada sind schnell zu betreten. Einzelne Standbilder, Stills, vermitteln keine umfassende Gesamtschau, aber in der raschen Abfolge der kurzen Kapitel bildet sich dennoch ein klares Bild heraus. Es ist, wieder einmal, ein Familienbild.

Mein Urgroßvater mütterlicherseits war Chinese. Mit achtzehn Jahren kam er zufällig nach Vietnam, heiratete ein Vietnamesin und bekam acht Kinder. Vier seiner Kinder beschlossen, Vietnamesen zu werden, die vier anderen Chinesen. Die vier Vietnamesen, darunten mein Großvater, wurden Politiker und Wissenschaftler. Die vier Chinesen wurden durch Reishandel reich. Obwohl mein Großvater Präfekt war, konnte er seine vier chinesischen Geschwister nicht davon überzeugen, ihre Kinder auf die vietnamesische Schule zu schicken. Und der vietnamesische Clan sprach kein Wort Sichūan. Die Familie war zweigeteilt, das Land war es auch: im Süden die Anhänger der Amerikaner, im Norden die Kommunisten.