Kevin Hart: „Dark Retreat“

Die Rare Objects Series der Vagabond Press aus Sydney bringt jeweils eine kleine Anzahl von Gedichten in limitierter Auflage von 100 Stück heraus. In Australien heißen diese Bücher Chapbooks. Vergleichbar ist das am ehesten mit den bei hochroth verlegten Lyrikbänden, die zu einem niedrigschwelligen Preis bei Buchmessen und im Handel angeboten werden.

Kevin Hart gilt, wenngleich er 1954 in England geboren wurde und seit 2001 überwiegend in den USA lebt, als australischer Dichter und Literaturkritiker. Die englische Version des Wikipedia-Eintrags ist etwas ausführlicher. Dort wird es als „an Anglo-Australian theologian, philosopher and poet“ geführt.

Die theologischen Aspekte im Werk Harts sind gut erkennbar. Lachlan Brown hat sie in seinem Essay „What We (non) Believe“ anhand Harts Gedicht „The River“ in Bezug gesetzt zu Charles Wrights „Appalachian Book of the Dead“ und John Burnsides „Roads“ (in: „Anweisungen für eine Himmelsbestattung„).

„Silence“ und „Darkness“ erscheinen als Keywords der Textauswahl in „Dark retreat“, mit ihnen die Haltung eines Menschen, der inneren Frieden und Licht ersehnt.

Some nights I circle God’s dark lair.
(aus: Nights)

Manche Nächte umrunde ich Gottes dunklen Schlupfwinkel.

Auch in „The Word“ finden sich die beiden Schlüsselbegriffe. Die Originalversion dieses Gedichts findet sich auf der Webseite von Poetry International Web.

Hier meine Übertragung (in Zusammenarbeit mit Debbie Lim, die ebenfalls bei Vagabond Press ein rares Objekt veröffentlicht hat):

Das Wort

Sag Gehölz und alles ist wieder gesäubert.
Das Wort umgibt dich wie die Nacht,
unmöglich zu fassen. Dein Mund ist finster.

Ein Spreißel fand seinen Weg in dein Nagelbett. Jener
alte Baum, vom Blitz aufgeschlitzt, wird nicht bewegt werden.
Dünner Vorjahresregen erstarrte innerhalb eines Stammes

und nun scheint durch geborstene Borke eine Honighaut.
Dein Mund ist finster. Geh tief in dich,
lass sich dort Stille scharen, dann sag das Wort.