Roxana Crisólogo: „Eisbrecher“

Taunetze sind Grenzen

Die Gedichte der peruanisch-finnischen Lyrikerin Roxana Crisólogo sind „Schlingpflanzen“, die „den unumkehrbaren Gang des Rauchs erdrosseln“. Sie bahnen sich ihren Weg, hinterlassen Stränge, die zu den Wurzeln führen, durchdringen Grenzen, ziehen sich und die sie umgebende Welt zusammen und lassen doch an anderer Stelle Nebenwege zu, die luftig sind, die Nischen entstehen lassen.

Im Herbst 2017 erschien mit „Eisbrecher“ in der Übersetzung von Rike Bolte eine Auswahl von Crisólogos Lyrik bei hochroth Berlin. Die enigmatische Illustration von Carlos Capella zeigt einen Zug, der über eine berstende Eisfläche fährt. „Eisbrecher tauchen erst auf wenn die Landschaft / gefriert“. Kälte, Ferne und Bedrohung machen die Szenerie aus. Die typografische Anordnung der Gedichte wurde von Tabea Mau ausgeführt. Klug bündelt sie die Worte zu erratischen Blöcken, wo die Erinnerungen dicht sind, baut mit Tabulatorensprüngen Luftlöcher ein, Einschlüsse, die irritieren. Dann wieder flattert es nach links, nach rechts wie die Nachbarinnen, „die sich betrinken bis sie die Treppen hinunterstürzen“.

Crisólogos Themen sind das Reisen und die Entfremdung, die Sehnsucht nach Licht, Wärme und die „Hoffnung, mit der ich mich jetzt der Wollust der Wellen in Lima hingebe, und dem Verlangen nach Farben, das in den Versen Edith Södergrans die Farbe von Blut hat.“

Crisólogos Lyrik verweigert sich umfassender Erklärung. Sie sagt: „ich bin nicht verpflichtet eine in meinen Augen allzu verwurzelte Herkunft zu erklären“. Existenz braucht keine Erklärung. Sie ist. Existenz sucht Auswege, scheitert, „Ich wollte in die Welt ausziehn / und gelangte in diese Fabrik / wo beginnt die Welt / wo endet diese Fabrik“, sucht erneut und kommt schließlich an: „Es wird mir genügen ihnen zu erklären dass es sich / nicht um eine Krankheit handelt / sondern schlichtweg um meine Stimme / die so rau / brennt.“