Phạm Thị Hoài: „Sonntagsmenü“

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„Sonntagmenü“ der 1960 geborenen vietnamesischen Schriftstellerin Phạm Thị Hoài versammelt elf Kurzgeschichten, die 1995 in deutscher Erstausgabe erschienen. Dieter Erdmann übersetzte die Texte ins Deutsche.

Das sind Sätze, die sich selbstverständlich hinschreiben, aber schon ungenau sind, was daran liegt, dass wir in der deutschen Sprache keine differenzierten Ausdrücke für Kurzprosa haben. Die Kurzgeschichte orientiert sich an der short story und meint eine ganz bestimmte Art der Kurzprosa. Die hier versammelte Kurzprosa unterscheidet sich in Länge, Tonart und Inhalt so sehr, dass es nicht leicht ist, diese Sprünge mitzuspringen.

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Nguyễn Bình Phương: „Xa Xăm Gõ Cừa“

Eine kleine Reihe über Bücher, die ich in Buchhandlungen außerhalb Deutschlands gekauft habe.

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Bei meiner Rundreise durch Vietnam habe ich in verschiedenen Buchhandlungen in Hanoi, Hội An und Ho-Chi-Minh-Stadt nach zeitgenössischer vietnamischer Lyrik in englischsprachiger Übersetzung gefragt. Diesen Wunsch konnte mir niemand erfüllen.

Im FAHASA-Bookstore in Ho-Chi-Minh-Stadt, 40 Nguyễn Huệ, fand ich zeitgenössische vietnamische Lyrik. Nach längerer Suche entschied ich mich zum Kauf von „Xa Xăm Gõ Cừa“ des Autors Nguyễn Bình Phương.

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Marjane Satrapi: „Persepolis. Eine Kindheit im Iran“

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Marjane Satrapi, 1969 in Rascht geboren, ist iranisch-französische Comiczeichnerin, die mit ihrer gezeichneten Autobiografie „Persepolis“ zu Beginn des 21. Jahrhunderts weltweit bekannt wurde. Die deutsche Ausgabe von 2004 wurde von Stephan Pörtner übersetzt.

Diese Graphic Novel ist ein mutiges Buch, nicht weil Satrapi die politischen Bedingungen im Iran benennt, sondern weil aufzeigt wird, wie diese Bedingungen durch ihre Familie hindurch gewirkt haben, wie Menschen zu Tode gekommen sind, die dem heranwachsenden Mädchen sehr nahe standen.

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Tschola Lomtatidse: „Die Beichte“

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Die Beichte“ des georgischen Revolutionärs und Schriftstellers Tschola Lomtatidse (1878 – 1915) versammelt fünf Erzählungen, die, wie wir aus dem Vorwort von Dato Barbakadse erfahren, der lyrischen Prosa und gleichsam der klassischen Moderne der georgischen Literatur zuzurechnen sind. Ins Deutsche übertragen wurden die Texte vom Artschil Chotiwari, Steffi Chotiwari-Jünger und Nino Stoica.

Diese uns in Mitteleuropa ferne Literatur zugänglich zu machen, ist ein Verdienst von Uli Rothfuss, dem Herausgeber der Kaukasischen Bibliothek, und dem Verleger Traian Pop.

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Ramsingh Urveti: „I Saw a Peacock with a Fiery Tail“

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Was passiert, wenn man ein aus dem 17. Jahrhundert stammendes Gedicht anonymer Herkunft, das auf zweierlei Weise gelesen werden kann, zusammenbringt mit einem Künstler aus Zentralindien, 1970 geboren und einem Buchdesigner aus São Paulo stammend, heute in New York lebend?

Es entsteht prämierte Buchkunst vom Feinsten.

Das Gedicht I Saw a Peacock with a Fiery Tail ist fester Bestandteil von Anthologien zur Kinderpoesie in England, weist in seinen Lesarten des Verrückten, Absurden und des Geordneten, Normalen aber weit über Kinderreime hinaus.

Is the difference between fantasy and reality largely grammatical? Or are these inventions the very essence of poetry […]?

Wie Ramsingh Urveti und Jonathan Yamakami dieses Gedicht für Tara Books graphisch umsetzen und als Buch gestalten, ist sehr schön. Und diese Schönheit wirkt seit 2011, inzwischen in der 3. Auflage.

Einen Einblick gibt ein Video auf Youtube. Doch, Vorsicht! Dieses Buch in eigenen Händen zu halten, ist unvergleichlich. Und man muss gar nicht auf Buchmessen sein (wie gerade aktuell in Frankfurt) oder nach Chennai reisen, wo Tara Books zuhause ist, um Bücher aus dem Verlagsprogramm zu bekommen: Runge Verlagsauslieferung (Kontaktperson: Jutta Hartmann) in Steinhagen hilft gerne weiter.

Rudolf Gramich: „Das Wayang-Spiel“

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Indonesien als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2015

Rudolf Gramichs Roman „Das Wayang-Spiel“ erschien 1999 im Horlemann-Verlag. Damals war der Verlagssitz in Bad Honnef, heute ist er unter Leitung von Anja Schwarz in Angermünde. Der Verlag hat in seiner Asienreihe einen Schwerpunkt Indonesien, der zur Buchmesse mit fünf neuen Titeln herausgestellt wird.

Rudolf Gramich (1931 – 2010) lebte achtzehn Jahre in Indonesien und hat in „Das Wayang-Spiel“ die indonesische Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne beschrieben. Vieles bleibt den Lesern, die sich noch nicht mit Geschichte und Kultur Indonesiens beschäftigt haben, fremd, unbekannt. Dennoch oder aber gerade deswegen lohnt es sich, dieses Buch zu lesen, das das nächtliche Spiel des Puppenspielers (Dalang) zum Anlass nimmt, die Menschen zwischen unterschiedlichen religiösen Traditionen (hinduistische, christlich, muslimische), Befreiungskampf, Militärdiktatur und dem Kahlfraß eines aufkommenden Turbokapitalismus zu zeigen.

Und so profund Gramichs Kenntnisse über die javanische Kultur, die ihren Ausdruck im Schattenspiel der Lederfiguren (Wayang kulit) und der Gamelan-Musik, die Gramich erlernt hatte, findet, hört man die tiefe Sehnsucht heraus, selbstbestimmt und fern der Götzen des Marktes zu leben.

„Leben, einmal leben ohne Gott und ohne Götter. Einfach so leben.“

Gramich jedoch zeigt die Götter bereits als alte Männer, die mit der Gegenwart nicht mehr zurecht kommen. Sie finden die alten Wege nicht mehr, stoßen auf Hochhäuser, in deren oberen Geschosse kleine, mächtige Männer das Land für ihre Zwecke aufteilen.  Hier wird die Lebensgrundlage einer Gesellschaft zerstört, die einst auf dem Prinzip gegenseitiger Nachbarschaftshilfe (Gotong-Royong) aufbaute.

Michelle Cahill: „Vishvarūpa“

Michel Cahill: Vishvarūpa

Vishvarūpa der 1969 in Kenia geborenen, australisch-indischen Autorin Michelle Cahill erschien 2011. Die Printausgabe ist nahezu vergriffen. Über die befreundete Lyrikerin Debbie Lim fand das Buch von booktopia in Lidcombe, dem Stadtteil Sydneys, das den Olympiapark von 2000 beherbergt, den langen Postweg nach Deutschland.

Cahill kam nach der Grundschulzeit in London mit der Familie nach Australien. Sie lebt in Sydney, hat für ihre Poesie mehrere Preise erhalten und ist Herausgeberin des Mascara Literary Review.

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Tuncer Cücenoğlu: „Çıkmaz Sokak – Die Sackgasse“

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Am Pfingstmontag werde ich eine gemeinsame Lesung mit dem türkischen Dramatiker Tuncer Cücenoğlu im Rahmen des 8. Europäischen Poesiefestivals in Frankfurt am Main gestalten. Einladung und Programm des Festivals folgen in den kommenden Tagen.

In Vorbereitung zu dieser Lesung habe ich heute das Drama „Çıkmaz Sokak“ gelesen, das von Yücel Erten aus Istanbul übersetzt wurde und unter dem Titel „Die Sackgasse“ auf dem Webseite von Tuncer Cücenoğlu als Download zur Verfügung steht.

Das Stück ist im oben abgebildeten Band in 1. Auflage 1993 erschienen.

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Tara Books, Chennai, Indien

The Night Life of Trees

Bei der Frankfurter Buchmesse 2014 nahm ich mir etwas Zeit, die Hallen der ausländischen Buchverlage zu besuchen. Dabei entdeckte ich Tara Books aus Chennai, Indien. Ein Verlag, der Bilderbücher für Erwachsene und Kinder in seiner Kooperative herstellt. Bibliophile Kostbarkeiten, wie etwa das von drei bekannten Künstlern des Gond-Stammes reich ausgestattete Bilderbuch: „The Night Life of Trees“. Das Buch ist 2006 erschienen und inzwischen in der 10. Auflage.

Die Gond, Waldbewohner in Zentralindien, sehen in den Bäumen tagsüber hart arbeitende Pflanzen, die Schatten, Schutz und Nahrung bieten. Nachts jedoch zeigt sich ihr spirituelles Wesen.

Wie die drei Künstler Bhajju Shyam, Durga Bai und Ram Singh Urveti diesen Geist uns durch ihre Illustrationen nahe bringen, ist ein Fest für die Augen. Die kurzen von Gita Wolf und Sirish Rao ins Englische gebrachten Texte geben Anhaltspunkte und lassen viel Raum für diese wunderbaren Zeichnungen.

N.B. Das Buch gibt es in deutscher Sprache bei Baobab Books.

Arundhathi Subramaniam: „When God Is a Traveller“

Eine kleine Reihe über Bücher, die ich in Buchhandlungen außerhalb Deutschlands gekauft habe.

Arundhathi Subramaniam: When God is a Traveller

Diesen Gedichtband habe ich in Kottayam, Kerala, Südindien in der Buchhandlung current books gekauft. Die kleine Buchhandlung ist, soweit ich das sehen konnte, in zwei Sprachen aufgeteilt: links Bücher in Malayalam, rechts englischsprachige Ausgaben.

Kottayam gilt als eine Stadt, die eine 100%-Alphabetisierungsrate erreicht hat. Das lässt sich selbstverständlich für den Reisenden nicht nachprüfen, aber die Tatsache, dass sieben Tageszeitungen für eine Einwohnerzahl, die etwas über der Darmstadts liegt, zur Verfügung stehen, spricht eine eigene, selbstbewusste Sprache.

Auch in Südindien nimmt Lyrik keinen breiten Raum in den Regalen der Buchhändler ein. Auf meine Frage nach zeitgenössischer indischer Lyrik geht der Buchhändler in sich und auf die Suche. Viele Bücher sind übereinander gestapelt, weil der Regalplatz nicht ausreicht. Bücher müssen in die Hand genommen werden. Nach einer Weile legt er mir neben anderen Subramaniams „When God Is a Traveller“ von 2014 vor.

Die Autorin ist im indischen und englischsprachigen Raum durch mehrere Bücher und als Herausgeberin wohl bekannt. In einem Interview mit der kroatischen Indologin Lora Tomas spricht sie über den reisenden Gott, gemeint ist Kartikeya, auch als Skanda bekannt.