Eva Bourke: „Seeing yellow“

Das Feuer der Sonnenblumen

Das dem neuen Gedichtband von Eva Bourke titelgebende Gedicht Seeing Yellow kommt mir wie eine Aufforderung vor, sich zeitweilig von unserer bunten Welt zu verabschieden und den Fokus des Sehens auf eine Farbe zu legen. Entsprechende Filter hat das menschlische Auge nicht, und doch: Diese Einzelbetrachtung ist eine Übung der Wahrnehmung, die uns über die Bedeutung der Farbe Gelb reflektieren lässt.

Ich greife mir Derek Jarmans Chroma. Ein Buch der Farben (aus dem Englischen von Almuth Carstens, Merve Verlag, Berlin 1995) aus dem Buchregal heraus und schlage sein Kapitel zu Gelb auf.

Bin ich auf dem richtigen Weg? Das Cover von Seeing Yellow zeigt eine Studie aus der Serie For the birds von Benjamin de Búrca, Bourkes Sohn, der mit Bárbara Wagner als Künstlerpaar im Bereich Videokunst und Fotografie arbeitet. Benjamin hat in Glasgow Malerei studiert. Ich bin mir sicher, dass Jarmans Chroma auch in seinem Bücherregal steht.

Jarman schreibt:

Der Frühling kommt mit Schellkraut und Narzisse. Der gelbe Raps macht Bienen schwindelig. Gelb ist eine schwierige Farbe, vergänglich wie die Mimose, die ihren Blütenstaub abwirft, wenn die Sonne untergeht.

Die Verbindung von Strahlkraft und Vergänglichkeit ist auch die über allen Gedichten dieses Bands schwebenden Energie, die mit Worten die Erdschwere, die Trauer im Zaum hält und die Liebe zu den Menschen feiert.

„Eva Bourke: „Seeing yellow““ weiterlesen