Adriaan van Dis: „Nathan Sid“

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Die 1983 erschienene Novelle Nathan Sid des 1946 geborenen, niederländischen Schriftstellers Adriaan van Dis (deutsche Erstausgabe 1988, Übersetzer: Siegfried Mrotzek) ist von betörender Schönheit.

Da schreibt ein Erwachsener das Buch der eigenen Kindheit, gibt seiner Einsamkeit, seiner Traurigkeit, seiner Verlorenheit Raum, viel Raum, und versteht es doch, in luftig geschriebenen Kapiteln so etwas wie eine frohe Erinnerung aufzunotieren. Das ist zauberhaft, gerade weil die Kindheitsbilder nicht zuckersüß sind, keine Madeleines de Proust! Sie neigen nicht zur Verklärung, sondern sind sauer, sind gallig. Im wörtlichen Sinne, denn der an Hautausschlägen leidenden Junge wird mit Ochsengallenseife, Zitronensaft und Essigwasser gereinigt. Ma Sid, die fürsorgende Mutter, singt dazu die Verse:

Saures reinigt, Saures peinigt.
Saures im Blut, Saures gegen Eiter,
Saures gegen Furunkel, Karbunkel,
Saures kratzt nicht weiter.

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